Zumindest vom Preis her habe ich hier ein absolutes Schnäppchen geschlagen, denn für läppische 35€ konnte ich das Yongnuo 35mm f2 in einer Gebrauchtbörse ersteigern. Für mich Grund zur Freude, für den Test aber irrelevant. Der Neupreis der Linse schlägt bei Onlinehändlern mit zirka 90€ zu buche. Immer noch ein ausgesprochen günstiger Preis für ein Objektiv mit dieser Lichtstärke. Doch wie viel kann man sich bei einem Objektiv dieser Preisklasse erwarten? Ich habe es getestet.
Von der Konstruktion ist das Youngnuo 35mm f2 ein 1:1 Nachbau des gleichnamigen Canon Objektivs und hat daher auch die gleichen Spezifikationen, von denen ich hier nur die wichtigsten nennen möchte:
Offenblende: f2
Maximale Blende: f22
Gewicht: 155g
Blendenlamellen: 7
Naheinstellgrenze: 25cm
Fokus: Autofokus (Mikromotor)
Filtergewinde: 52mm
Aber, ein 1:1 Klon zu sein bedeutet nicht gleich, dass der Nachbau auch automatisch gleich gut ist wie das Original, das dürfte natürlich auf der Hand liegen. Zu sehr können Materialien und Fertigungsqualität variieren. So habe ich das Objektiv gleich mal in einem der schwierigsten Umfelder getestet und im Bereich der Konzertfotografie eingesetzt. Denn mit den schnell wechselnden Bühnenbeleuchtungen, den rasanten Bewegungen der Musiker und Low-Light Situationen hat nicht nur der Fotograf, sondern auch das Equipment zu kämpfen. Bei den Konzerten der kalifornischen Hip-Hop Gurus Cypress Hill und der UK Punkrocker Basement hatte ich das Objektiv auf meiner Canon EOS 5D Mark IV und hielt das Geschehen für das Volume Magazin (und natürlich diesen Blog Beitrag) fest.
Und gleich beim ersten Einsatz war ich wirklich von der Leistung der China-Linse positiv Überrascht. Denn auch wenn der Autofokus nicht super schnell war, reichte die Geschwindigkeit vollkommen aus, um treffende und scharfe Ergebnisse zu liefern. Die Schärfe in der Bildmitte liegt im absolut akzeptablen Bereich. Hier habe ich schon ganz andere Linsen an meinem Body gehabt, die in diesen Situationen versagten.
Beim Betrachten der Bilder in der Retusche konnte ich über keinen der vier Bereiche der Bildqualität jammern: Die Schärfe war akzeptabel (wenn auch nicht Top), der Kontrast passte, die Farbwiedergabe ist gut und das sanfte Bokeh bei Ganzkörperaufnahmen trug positiv zur Bildwirkung bei. Das größte Manko war bei genauerem Hinsehen dann doch der langsame Autofokus, der mir den ein oder anderen Shot gekostet hat, da er einfach mit der Geschwindigkeit des sich bewegenden Objektes nicht mithalten konnte.
Auch beim Basement Konzert im Wiener Flex, wo man sich als Fotograf mit wenig Licht und hohen ISO Werten herumschlagen muss, machte das Objektiv einen guten Job. Lediglich manchmal musste ich auf den Live-View Auftofokus zurückgreifen, da dieser zwar langsamer, aber dafür präziser arbeitet. Zwar produzierte ich auf diese Art doch etwas mehr Ausschuss, aber hatte dennoch jede Menge gute Shots im Kasten, die von der Schärfe überzeugen konnten.
Besonders für Fotografieeinsteiger und Personen, die nicht oft ein lichtstarkes Weitwinkelobjektiv brauchen, zahlt sich die Investition auf jeden Fall aus. Für Fotografen, die gerne bewegte Objekte festhalten, ist das Objektiv hingegen wohl zu langsam. Ich persönlich behalte das Objektiv, vor allem auch wegen des geringen Gewichts, in meiner Sammlung, da es eine gute alternative ist, wenn man nur mit leichtem Gepäck unterwegs sein will.
Fazit:
+ Preis/Leistung
+ Bildqualität überraschend gut
+ geringes Gewicht
– Schärfe im Randbereich
– Langsamer Autofokus