Manchmal fallen dem tricky.pics Team wahrliche Schmuckstücke in die Hände. In diesem Fall ist es ein Lichtstarkes 85 mm f 1.5 Objektiv mit dem klingenden Namen Cyclop. Die Benennung, die in kyrillischer Schrift am metallenen Objektivdeckel und am Schraubgewinde der Frontlinse eingraviert ist, stammt vom ursprünglichen Einsatzbereichs des Objektivs. Denn es war nicht für Kameras, sondern für Nachtsichtgeräte konstruiert worden. Aus diesem Grund hat die Linse auch keinen Blendenring und kann nur offenblendig verwendet werden. Aber genau darin liegt auch der Reiz des Cyclops, denn 85 mm bei einer Offenblende von f 1.5 bedeutet jede Menge schöne Tiefenunschärfe – also ein Hammer Bokeh. Soweit die Theorie. Doch wie verhält sich das Ding in der Praxis? Ich habe es herausgefunden.
Die Haptik des Cyclops ist gewöhnungsbedürftig: Man merkt, dass es sich um ein militärisches Produkt handelt. Gummi-Noppierung für besseren Griff? Fehlanzeige! Plastikteile zur Gewichtsreduktion? Fehlanzeige! Ein Objektivdeckel mit Schnellverschluss? Fehlanzeige! Die Linse besteht lediglich aus Metall und Glas, der Frontdeckel ist zum aufschrauben und der Fokusring ist schwergängig. Auf jeden Fall schon mal nichts zum Immerdraufhaben.
Leider lässt auch die Schärfe zu wünschen übrig. Nur im Mittelpunkt des Bildkreises lässt sich eine halbwegs akkurate Schärfe herstellen, nach außen hin fällt die Bildschärfe rasant ab. Dies wiederum führt zu dem Bokeheffekt der diese Linse so besonders macht. Denn die kreisförmige Verzeichnung der Unschärfe im Hintergrund ist etwas beinahe Einmaliges. Auch die runde Darstellung der Objekte die außerhalb des Fokusbereiches ist etwas besonderes und in dieser Form nicht oft bei modernen Objektiven zu finden. Aus diesem Grund wird das Cyclop 85mm oft als kostengünstiger Ersatz für das Trioplan 100, das auf Gebrauchtwarenbörsen noch immer horrende Preise erzielt, genommen.
Das Problem ist und bleibt leider die fehlende Schärfe im Vergleich zur Konkurrenz. Denn selbst mit Fokussierung über den Live-View ist es schwer, den perfekten Fokuspunkt zu treffen. Da auch das Abblenden mangels Technik nicht möglich ist, ein oftmaliges Glücksspiel. Ich testete das Objektiv in einigen Situationen: Naturlicht, Kunstlicht, Outdoor, Indoor. Immer wieder gelangen mir wirklich faszinierende Aufnahmen, die einen unvergleichbaren Bildlook haben, aber genauso oft war das Ergebnis einfach unbrauchbar. So viel Ausschuss produzierte ich selten beim Testen einer Linse. Eine Empfehlung für das Cyclop 85mm f 1.5 kann ich also nur für wirkliche Portraitliebhaber, die beim Fotografieren auch genug Zeit und Geduld besitzen um das Beste aus der Linse zu holen, aussprechen.
Aber genug gefachsimpelt. Für alle, die wegen der Beispielfotos hier sind – bitte sehr: