More is more. Zumindest trifft das auf die Sammlung der Helios 44 Objektive bei tricky.pics zu. Durch einen glücklichen Zufall haben wir nun bereits vier Stück in unserem Besitz und drei davon vor der sicheren Verschrottung gerettet. Da das Helios-44 in verschiedenen Varianten gefertigt wurde, gibt es auch unterschiedliche Merkmale zwischen diesen Varianten. In diesem Review habe ich das Helios-44 M6 genauer unter die Lupe genommen. Mit dem Baujahr 1992 ist es auch die „jüngste“ Helios Linse in der Sammlung. Aber beginnen wir mit den Specs:
Brennweite: 58mm
Minimale Blende: f2.0
Maximale Blende: f16
Blendenlamellen: 6
Elemente: 6 Elemente in 4 Gruppen
Objektivanschluss: M42
Filterdurchmesser 52mm
Minimale Fokusdistanz: 50cm
Gewicht: 300 Gramm
Anschluss: M42 (für diesen Review adaptiert auf Canon EF)
Getestet habe ich das Objektiv an einem warmen Junitag an dem ich gemeinsam mit Janica das Morgenlicht ausnutzte und die wunderbare Stimmung in der Natur einfing. Denn das Helios-44 M6 ist Aufgrund einer Besonderheit nach wie vor bei Fotograf*innen sehr beliebt: Das sogenannte „Swirly Bokeh“ beschreibt die optische Verzerrung der Unschärfe im Hintergrund, die einen leichten Anschein eines Strudels hat. Der so erzeugte Bildlook ist nicht mit modernen Objektiven reproduzierbar. Da dieser Effekt schwer zu beschreiben ist, zeige ich euch hier schon mal ein Foto vom Shooting mit Jancia (man spricht ihren Namen übrigens „Tschänaika“ aus).
Man bemerkt schon auf den ersten Blick den leichten Anschein eines Strudels je näher die Unschärfe im Hintergrund dem Bildrand kommt. Besonders im oberen Bilddrittel erkennt man dies durch die Belaubung der Bäume im Hintergrund. Die Ellipsen des Bokehs zeigen mit der langen Seite jeweils vom Bildmittelpunkt weg. Da dieser „swirly“ Verlauf der Unschärfe etwas ungewohntes für das Menschliche Auge ist, macht es auch die Bilder zu etwas Herausstehendem. Und wenn man länger drüber nachdenkt ist dies auch der einzige Grund dieses Objektiv zu besitzen, allerdings aber auch ein sehr guter. Aber werfen wir einen Blick auf die Funktionen des Objektivs:
Mit 300 Gramm ist es nicht gerade ein Fliegengewicht, was allerdings in der Robustheit der Verarbeitung liegt (die man als Vorteil sehen kann, da das Objektiv im alltäglichen gebrauch quasi unkaputtbar ist). Die Offenblende von f2.0 ist zwar Lichtstark, aber für low-light Situationen oft wohl zu wenig. Die Schärfe Objektivs bei Offenblende ist in der Mitte perfekt, fällt allerdings auch nach außen hin schnell ab und ist höchstens im Bereich der erweiterten Mitte noch brauchbar. Abgeblendet ist das Objektiv zumindest ab Blende 8 durchgängig scharf und knackig. Das Scharfstellen erfolgt manuell und ist am besten über den Zoom im Liveview handzuhaben. Hierbei ist die Haptik und das Handling sehr intuitiv. Der Kontrast und die Farbwiedergabe ist absolut OK für eine Vintage-Linse. Vignettierung bei Offenblende ist nur wenig ausgeprägt, was positiv zum Out-Of-Camera Bildlook beiträgt. Das Objektiv kann also auch ohne Postprocessing am PC auf analogen Kameras verwendet werden und instant atemberaubende Ergebnisse liefern.
Wie erzeuge ich den typischen Helios Bildlook?
Der typische „Swirly Bokeh“ Look ist mit dem Helios-44 recht einfach zu erreichen, wenn man ein paar einfache Dinge und Einstellungen beachtet:
- Offene Blende von f2.0
- Abstand zum Motiv (bzw. Model) 3 bis 6 Meter
- Abstand zum Hintergrund 10 bis 30 Meter
- Ein Hintergrund der möglichst viele unterschiedliche Helligkeiten aufweist – im Sommer beispielsweise ein Baum oder andere Vegetation. Im Urbanen Raum beispielsweise Lichter von Straßen oder Geschäftsbeleuchtungen
Fazit:
Man besitzt das Helios-44 eben wegen dem Bokeh Look. Und weil es mit der russischen Optik auch ganz gut in der Vitrine aussieht. Aber der einzigartige Bildlook macht das Objektiv dann eben doch zu einem beinahe Must-Have in der Objektivsammlung. Besonders auch weil das gute Stück schon um rund 30€ auf Gebrauchtbörsen erhältlich ist. Durch die gute Haptik der Linse ist es auch eine tolle Möglichkeit für Einsteiger*innen in die Fotografie mit Vintage-Objektiven erste Schritte zu wagen. Das Objektiv macht viel richtig und nur wenig falsch und zähot neben dem Pentacon 50mm f1.8 zu meinen Lieblingen in diesem Brennweitenbereich.
+ Swirly Bokeh
+ Preis/Leistung
+ Kontrast und Farbwiedergabe
+ Robuste Verarbeitung
– Schärfe außerhalb der Bildmitte
– Gewicht